Skifahrt in der 8. Klasse mit Diabetes im Gepäck

Die Herausforderung in 2019 für uns: 7 Tage Skifahrt mit der Schule in Südtirol. Bisher waren die Klassenfahrten kurz, überschaubar und in der Nähe. Jetzt geht es 750 km entfernt in die Berge auf bis zu 2.000 m Höhe. Dazu: viel Bewegung, Kälte, ein chaotischer Haufen von Pubertierenden, Unmengen von Süßigkeiten, die sich Kids abends im Zimmer teilen, und eine Pension in einem kleinen Ort, ohne irgendwelche Einkaufmöglichkeiten. Da heißt es „Loslassen“ für Zuckereltern. Ganz ehrlich, ich habe schon ein Jahr vorher darüber gegrübelt, wie das alles werden soll.

Aber man kann sich ja auf alles vorbereiten. Und mein Kind soll ja ohne mich klar kommen können, und der Weg dahin, geht nur über neue Herausforderungen. Meine Tochter hat die Situation, eine Woche alles selbst zu regeln, vorher geübt, unter anderem mit mehrtägigen Familienbesuchen. Dort hat sie alle Krisen und Pannen alleine prima bewältigt. Natürlich haben wir dann auch die Sonder-Situation Skifahrt rechtzeitig mit den Diabetologen der Kinderklinik besprochen. Eine Wintersport erfahrene Diabetikerin riet uns zudem, die Basalrate extrem herunter zu regeln, Kälte und Höhe, insbesondere in Verbindung mit viel Bewegung, verringern den Insulinbedarf, erklärte sie uns.

Meine Tochter ist nach 7 Tagen dann lebendig und gut gelaunt aus dem Bus gestiegen. Es hat alles geklappt. Der Skikurs war super. Die Basalrate war beim Skifahren auf 80 % geregelt statt der 30-60 % die uns empfohlen wurden. Allerdings ist meine Tochter Ski-Anfängerin. Die Unterzuckerungen hielten sich im normalen Bereich. Eigentlich das übliche Auf und Ab. Nun unsere 7 Tipps für eine Klassenfahrt ins Skigebiet.

  • Meine Panik war, dass irgendwas von dem Diabetes-Stuff verloren geht, zerstört oder vergessen wird und meine armes Kind dann zusehen muss, wie sie Katheter oder Insulin in einer italienischen Apotheke beschafft. Ich habe schon Tage vorher das Diabeteszeug gepackt und mehrfach überprüft. Zur Absicherung habe ich ein zweites Set mit Insulin und Kathetern etc. in die Tasche einer Schulfreundin gegeben. Für alle Geräte sollte man einen Ersatz einpacken. Wer keine Ersatzpumpe hat, kann vorher mit seinem Pumpenanbieter klären, ob er im Notfall an den Reiseort eine Pumpe anliefert. Dafür muss man allerdings in der Lage sein, die Basalrate selbst einzuprogrammieren und die Werte parat haben.
  • Bei Busfahrten im Winter das Insulin nur im Fahrgastraum transportieren, der Gepäckraum kann sehr kalt werden. Trotzdem habe ich das Insulin nach dem Zwiebelprinzip in mehrere Schichten Tissues gewickelt, in eine Box verpackt und dann noch einen dicken Strumpf darüber gezogen. Das war auch gut so, denn wir mussten bei Minus-Graden morgens 90 Minuten auf den Bus warten.
  • Batterien sind kälteempfindlich und verlieren bei niedrigen Temperaturen ihre Leistung. Also ausreichend Batterien mitgeben.
  • Bei Kälte verweigern Messgeräte schnell den Dienst. Im Winter das Messgerät unter der Jacke, nah am Körper tragen. Meine Tochter hatte eine Bauchtasche unter der Skijacke. In großer Höhe über 4.000 m können wegen des geringeren Sauerstoffgehalts der Luft Messungen werden. Immer dran denken, dass Blutzuckermessen mit kalten Händen schwierig sein kann. Vielleicht die Stichtiefe der Stechhilfe stärker einstellen.
  • Bei Kälte Insulin am Körper tragen. Darauf achten, dass auch der Schlauch der Pumpe sich nicht nach außen kringelt.
  • Alles auf der Piste dabei haben. Ersatzkatheter, Notfallspritze, Kleingeld und natürlich Traubenzucker. Auch hier kam wieder die Bauchtasche zum Einsatz. Am besten das Traubenzucker auch auf Klassenkameraden und Lehrer verteilen.
  • An Kleinigkeiten denken, wie genug Guthaben auf der Prepaidkarte. Vorher fragen, ob die Herberge überhaupt Netzabdeckung hat. Ausreichend Geld mit geben, falls Gummibärchen als Traubenzuckerersatz nachgekauft werden müssen, oder das Kind sich zusätzlich was zu essen besorgen muss.

Dass meine Tochter gut allein klargekommen ist, ist kein Standard für andere Gleichaltrige. Jede Familie muss selbst entscheiden, ob ein Kind so eine Fahrt alleine bewältigen kann, oder ob es noch Hilfe braucht. Jeder junge Mensch entwickelt sich anders.